Aufmerksamkeit in der Partnerschaft

Weißt du noch, als wir uns die ganze Zeit Nachrichten geschrieben haben? Als wir stundenlang über Gott und die Welt gequatscht haben? Wir haben alles inhaliert, was wir voneinander gehört haben und uns viele viele Fragen gestellt. Alles wollten wir voneinander wissen. Irgendwann ist diese Euphorie der Illusion gewichen, dass ich dich kenne, in-und auswendig, und in letzter Zeit, wenn ich dich sehe, fallen mir immer mehr deine negativen Seiten auf. Wenn ich ins Zimmer komme, guckst du gar nicht vom Handy hoch – wir leben zwar miteinander, aber aneinander vorbei.

Eins der allerschönsten Geschenke, die wir dem Menschen an unserer Seite schenken können, ist Aufmerksamkeit. Ungeteilte Aufmerksamkeit. Denn die meisten Beziehungen zerbrechen nicht an zu wenig Sex. Oder der Frage, wer mehr für die Ordnung im gemeinsamen Heim tut. Oder was wir in der Freizeit so machen wollen.

Sondern an dem traurigen Gefühl, nicht gehört und gesehen zu werden.

Was hilft? Miteinander im Gespräch bleiben. Offen, neugierig, immer erwartend, dass wir Überraschungen erleben. Denn in letzter Konsequenz kennen wir den*die andere*n nie ganz. Wie können wir einander wirklich nahe kommen und das Gefühl geben, gesehen und gehört zu sein? Gewertschätzt mit allen Facetten, sogar denen, die ich nicht verstehe? Indem wir uns, in einer Welt voller Ablenkungen und Überforderungen, echte Aufmerksamkeit schenken. Echte Aufmerksamkeit erfordert, dass wir uns in einen Zustand der Offenheit begeben. Die Frage “Wie war dein Tag” kann komplett routiniert, gelangweilt und stereotyp gestellt sein – ohne, dass ich an deiner Antwort wirklich interessiert bin. Ich kann dich aber auch fragen: Wie war dein Tag? Und damit meinen: Erzähl mir gerne, was du erlebt hast, was du dabei gefühlt hast, wann hast du dich mit wem wohl gefühlt, wann hast du dich unwohl gefühlt und warum?

Aufmerksamkeit benötigt Zeit und Hingabe. Ungeteilte Aufmerksamkeit bedeutet zum Beispiel auch, immer wieder das Handy weg zu legen oder sich Auszeiten mit Babysitter zu nehmen. Wir sollten lernen, die richtigen Fragen zu stellen, lernen, wirklich zuzuhören, und nicht zu denken: “Das weiß ich doch alles schon über dich.”
Wir sollten uns daran erinnern, dass wir uns alle ständig verändern und wir deswegen immer wieder neue Facetten an unserem Gegenüber erleben dürfen: ”Ich glaube zwar, deine Antwort zu kennen, aber kann mich auch täuschen!”
Aufmerksamkeit bedeutet aber auch, ins Mitgefühl gehen zu können für Gefühle, die wir nicht mit dem anderen teilen. Aufmerksamkeit bedeutet, dass wir den Gefühlen des Partners Respekt entgegen bringen, zum Beispiel kann eine Untersuchung beim Arzt für den Partner sehr aufregend sein, auch wenn ich denke, dass es eigentlich eine Routineuntersuchung ist. Aufmerksamkeit kann auch bedeuten, dass ich dem Partner rückmelde, wie ich ihn*sie gerade erlebe. Dass ich mir sein*ihr Gesicht beim Essen wirklich anschaue und versuche zu ergründen, was ich darin sehe. Oder dass ich leise aufstehe, wenn ich weiß, dass mein Partner noch schlafen will. Aufmerksam sein kann sein, dass ich echte Komplimente mache, die im Moment entstehen. Dass ich mich für seine*ihre Sorgen interessiere. Dass ich an besondere Tage wie z.B. Hochzeitstag denke. Dass ich meinem Partner auch in Gesprächen mit anderen zuhöre. Wenn wir wirklich wollen, finden sich im Alltag unzählige Gelegenheiten für kleine Aufmerksamkeiten, die verbinden und das Gefühl geben, gesehen und gehört zu werden. Kleine Liebeszettel, Lieblingsessen besorgen, ungefragte Botengänge (Paket wegbringen etc), dem*der anderen etwas zeigen, wovon man weiß, dass es Freude bereitet (z.B. auf einer Autofahrt), an wichtige Meilensteine im Leben des Partners denken (z.B. Präsentation auf Arbeit). 

Zeit mit mir allein

In einer langjährigen Beziehung verlor ich den Kontakt zu mir selbst. Aus Angst, die Partnerschaft würde zerbrechen, war ich zu allen Kompromissen bereit. Ich spürte zwar, dass ich immer wieder innerlich an Grenzen stieß, aber mein Harmoniebedürfnis flüsterte mir ein, dass ich einfach meine eigenen Belange hintanstellen und zum Wohle der Beziehung hinunterschlucken sollte. Bloß nicht negativ auffallen. Auch körperlich verlor ich jegliches Spüren meines ICHS, ich wollte nur noch, dass mein Körper funktioniert und war wütend, wenn dem nicht so war. Ich hatte keinerlei Selbstwert und auch das lieb gemeinteste Kompliment drang überhaupt nicht zu mir durch. Ich fühlte mich gefangen in einem WIR das ich andererseits ja um jeden Preis bewahren wollte.
Nach der Trennung wurde mir klar, dass es jetzt darum gehen musste, dass ich den Kontakt zu mir selbst wieder herstellte um zu entdecken, wer ich eigentlich bin. Nie mehr wollte ich mich in einer Beziehung verlieren und um des lieben Friedens willen faule Kompromisse machen, die mir seelisches und körperliches Unbehagen einbringen würden. Während ich noch darüber nachdachte, bescherte mir das Leben einige Momente tiefer Einsamkeit, die mich wirklich an meine Grenzen brachten, im Nachhinein gesehen aber extrem gutgetan haben. Ich spüre inzwischen eine starke Unabhängigkeit, versuche nicht mehr, es jedem recht zu machen, denke nicht zuerst drüber nach, was andere von mir halten, weiß um meine Bedürfnisse, Wünsche, Grenzen, was die Voraussetzung überhaupt ist, sie auch dem Gegenüber mitteilen zu können und kann mir schöne Momente ganz allein erschaffen. Und ganz unbemerkt brachte mich diese Auseinandersetzung mit mir selbst auch dahin, dass ich inzwischen meinen einzigartigen Wert anerkenne und mich freue, mich weiter kennenzulernen.
Ich habe verstanden: Wenn ich mit mir in gutem Kontakt bin, kann ich eine ehrliche Beziehung führen, belebe die Partnerschaft, kann die Verbindung mehr genießen und meine Attraktivität steigert sich, wenn mein*e Partner*in sieht, dass ich auch selbstständig im Leben stehen kann!


Konnte ich dich zu Auszeiten mit dir selbst inspirieren?

Fragen vor dem Kinderwunsch

Fragen an dich, bevor du ein Kind bekommst und die du mit deinem Partner oder deiner Partnerin ausführlich besprechen solltest.

  • Wie teilen wir die Care-Arbeit wirklich realistisch auf?
  • Wollen unsere Eltern oder Schwiegereltern ihre Rolle als Großeltern annehmen?
  • Wer kann uns sonst noch unterstützen? Wer kann im Fall von Krankheit einspringen?
  • Wie regeln wir alle finanziellen Fragen?
  • Kann ich das Kind notfalls alleine großziehen (wegen Trennung unserer Partnerschaft oder Tod meines Partners)?
  • Welche Werte wollen wir dem Kind vorleben?
  • Sind wir bereit, eigene Wünsche und Bedürfnisse für einige Zeit zurück zu stellen?
  • Ist uns bewusst, dass uns das Kind nicht gehört, sondern wir es lediglich eine Zeit lang begleiten und für es sorgen?
  • Hat mein Leben bereits ohne Kind einen Sinn? Bin ich mit meinem Leben zufrieden oder bürde ich es einem neuen Menschen auf, Sinn und Glück in mein Leben zu bringen?
  • Ist unsere Partnerschaft stabil und welche Krisen haben wir bereits gemeistert?
  • Habe ich die Kapazitäten, meinen Alltag mit Kind zu meistern?
  • Auf welche Aktivitäten meines kinderlosen Lebens kann ich nicht verzichten und wie kann das organisatorisch umgesetzt werden?
  • Habe ich gute Vorbilder für mich als Mutter/Vater?
  • Kann ich gut für mich selbst sorgen? Kann ich mich regulieren, wenn ich in starke Emotionen verfalle? Kann ich mich selbst regulieren, wenn ein Mensch in meiner Familie in starke Emotionen verfällt?
  • Ist mir bewusst, dass mein Kind ein eigenes Individuum ist und auch Dinge tun wird, die ich vielleicht nicht nachvollziehen kann?
  • Kann ich gut Grenzen setzen?
  • Kann ich gut mit Stress umgehen?
  • Bin ich bereit, Verantwortung für einen anderen Menschen zu übernehmen?
  • Welche Ansichten haben wir zu den Themen Ernährung des Kindes, gesundheitliche Versorgung, Religionszugehörigkeit, Schulbildung etc
  • Wo wollen wir als Familie wohnen, in welcher Umgebung soll unser Kind aufwachsen?
  • Wer wird wie lange arbeiten?
  • Wie ist das Verhältnis zu meinen Eltern, Schwiegereltern und zur erweiterten Familie?
  • Wie viele Kinder möchte ich bekommen?
  • An wen wollen wir uns wenden, wenn wir Hilfe brauchen?

Die erotische Formel

Die erotische Formel wurde vom amerikanischen Sexualwissenschaftler Jack Morin etabliert.

Er bricht die Entstehung von Erregung und Erotik auf eine einfache Formel herunter: Anziehung + Hindernisse = Erregung

Was meint Jack damit genau?

ANZIEHUNG

Gegenseitige Anziehung sollte vorhanden sein, damit Erregung auch entstehen kann. Die Anziehung ist der Funke, der das Feuer entstehen lässt. Was uns an einem anderen Menschen anzieht, ist sehr individuell. Manche Kriterien, wie welches Geschlecht uns anzieht, sind vermutlich angeboren. Andere Dinge, die uns anziehen wie Haarfarbe, Gesichtszüge, Charaktereigenschaften, Körperform etc. lernen wir im Laufe der Kindheit durch familiäre und kulturelle Einflüsse und unsere zunehmende individuelle Erfahrung.

HINDERNISSE

Gewisse Hindernisse müssen laut Morins Formel vorhanden sein, damit Erregung entstehen kann. Dabei teilt er die Hindernisse in 4 Kategorien ein:

Sehnsucht

Verbote brechen

Macht und Unterwerfung

Überwindung von Ambivalenz

SEHNSUCHT

Auf der anderen Seite des Zauns ist das Gras oft viel grüner: Wir wollen das, was wir nicht haben können, manchmal sehr stark und sind sehnsüchtig. Damit lässt sich auch der Reiz einer Affäre erklären. Die Sehnsucht in langjährigen Beziehungen aufrecht zu erhalten ist eine Kunst, die sich lohnt, kultiviert zu werden.

VERBOTE BRECHEN

Sex an einem “verbotenen” Ort? Sex, bei dem andere euch entdecken könnten? Nervenkitzel, Aufregung, Tabus brechen, Normen sprengen, Neues wagen, neue Spielarten ausprobieren, neue Mittel einbeziehen…. Es ist ein Hindernis, neues auszuprobieren. Dabei sollte das Hindernis nicht so groß sein, dass die Erregung sich verflüchtigt, weil zu viel Angst da ist. Es geht um einen kleinen Schritt aus der individuellen Komfortzone.

MACHT UND UNTERWERFUNG

Hierbei geht es um das Spiel mit “nehmen” und “genommen werden”. Was erregt, auf welche Art nähere ich mich meinem Gegenüber, bin ich dominant oder unterwürfig? Wie können wir mit Macht und Unterwerfung spielen? Damit ist übrigens nicht gleich das Eintauchen in die BDSM-Szene gemeint. Auch ein sehr bestimmtes Heranziehen des*der anderen zu einem innigen Kuss kann sehr bestimmend sein.

ÜBERWINDUNG VON AMBIVALENZ

Sexuelle Fantasien bilden manchmal gar nicht die Werte ab, die ich im Alltag leben möchte. Damit entsteht in mir ein inneres Spannungsfeld. Es kann auch sein, dass mich im alltäglichen Umgang mit meine*r Partner*in sein*ihr dominantes Verhalten stört, auf der sexuellen Ebene aber löst genau das einen Reiz in mir aus. Diese Ambivalenzen zu überwinden ist laut Morin ebenfalls ein Hindernis. Was Morin in seiner Formel nicht berücksichtigt hat:

Der Mensch meiner Sehnsüchte sollte auch erreichbar für mich sein, sonst stellt sich möglicherweise keine Erregung ein.

Die Formel findet in (langjährigen) Partnerschaften nur Anwendung, wenn die Partner es schaffen, das Spiel mit Nähe und Distanz, mit Intimität und Eigenständigkeit für beide ausbalanciert zu spielen. Es beflügelt die sexuelle Leidenschaft, wenn beide Partner*innen eigenständige Personen sind. Das bedeutet aber nicht, dass sie sich nicht nah sein können. Viele Menschen meinen, sie sollten möglichst viel Zeit getrennt vom Partner verbringen, um die Spannung aufrecht zu erhalten. Natürlich ist es schön, mal etwas getrennt zu machen und sich danach wieder zu sehen und über die allein verbrachte Zeit auszutauschen. Eigenständig zu sein bedeutet aber gerade in der maximalen Nähe bei sich selbst zu bleiben: In der eigenen Stabilität, bei den eigenen Werten, fest im Selbst verankert.

Veränderung in der Beziehung

Wir werden beide älter. Mal hast du keine Lust auf S*x, mal ich nicht, alles klar. Du möchtest dich anders ernähren. Ich will eine neue Sportart ausprobieren. Die Kinder werden groß und verlassen uns. Meine Hüfte muss operiert werden. Du interessierst dich für Romane, obwohl du 35 Jahre nie gelesen hast. Ich möchte mal in den Sw*ngerclub gehen (mit dir), auch wenn ich mir das nie vorstellen konnte. Du fängst an, dich zurückzuziehen, obwohl du immer im Mittelpunkt stehen wolltest. Ich höre auf zu rauchen. Du trägst deine Haare nun lang. Ich möchte Gesangsunterricht nehmen.
Am Anfang der Beziehung sind Menschen weitaus offener für die Möglichkeit von Veränderung. Das Verlieben an sich ist für viele schon eine große Veränderung, ein Schock manchmal. Wir sind so neugierig und offen, wie der Mensch uns gegenüber so tickt. Wir wollen alles übereinander erfahren.
Und dann, nach einiger Zeit, macht uns die Veränderung an uns selbst und am anderen zu schaffen. Besonders, wenn wir uns gerade nach Sicherheit und Stabilität sehnen. Diese Sehnsucht ist auch zutiefst verständlich und nachvollziehbar. Manchmal stecken wir in so belastenden Lebensphasen, dass Veränderung das Letzte ist, was wir brauchen.
Um in die Akzeptanz zu kommen, hilft oft, die Dinge nicht zu trennen, sondern in ein wohltuendes „sowohl-als-auch“ zu bringen:
Sowohl ist mir bewusst, dass sich immer alles ändert, als auch sehne ich mich momentan nach Stabilität und Ruhe.
Sowohl darfst du dich ändern, als auch darf ich verunsichert über deine Entwicklung sein.
Sowohl finde ich es toll, wenn ich mich weiterentwickle, als auch gestehe ich dir deinen Raum zu, wenn du dich momentan nicht weiter entwickeln kannst oder willst.
Sowohl wünsche ich mir in dem einen Bereich unserer Beziehung Stabilität, als auch wünsche ich mir in einem bestimmten Thema Änderung.
(…)
All diese Wünsche und Gedanken sind legitim. Es zerreißt uns oft innerlich, wenn wir denken, wir müssten uns zwischen zwei Richtungen entscheiden. Da kann es Ruhe bringen, wenn wir akzeptieren, dass Prozesse sich unterschiedlich parallel entwickeln können.

Das war der wundervollste Moment in deinem Leben. Ihr habt euch angesehen, geküsst und seid miteinander verschmolzen. Verliebt, verlobt, verheiratet, “der schönste Tag des Lebens”, eine rauschende Party mit allen Lieblingsmenschen.

Traumhaft, der Himmel auf Erden. Natürlich wisst ihr irgendwie: So wird es nicht weitergehen. Aber wenn dann das passiert, was unaufhaltsam sowieso passiert, nämlich Veränderung, trifft uns das oft wie ein Schlag und wir beginnen zu trauern oder zu rebellieren.

Veränderung kommt manchmal in großen Phasen oder mit einem Paukenschlag:

  • ein Kind wird geboren
  • jemand erhält eine lebensverändernde Diagnose
  • ein Angehöriger oder Freund stirbt
  • jemand erhält eine Kündigung
  • ein Freund oder Verwandter zieht weg
  • jemand muss in einer anderen Stadt arbeiten
  • ein Kind zieht aus
  • jemand bricht den Kontakt ab
  • plötzlicher finanzieller Verlust

…….

Was nebenbei jeden Tag passiert und was wir oft lange nicht bemerken:

Wir ändern uns die ganze Zeit, subtil, in winzigen Nuancen, körperlich, emotional, mental, wir lernen, wachsen, reifen.

Wir erfahren jeden Tag etwas Neues, haben vielleicht Gedanken, die wir so noch nie hatten, hören jemanden etwas erzählen, lesen etwas, kriegen neuen Input und sind heute nicht mehr exakt der Mensch, der wir gestern noch waren.

Das ist der Lauf der Dinge. Alles, alles verändert sich konstant, unaufhaltsam und sogar ohne unser Zutun.

Schmerzhaft wird es dann, wenn wir diese Veränderungen ablehnen.

Verständlich: Wir erleben etwas schönes und wünschen uns, dass es für immer so bleibt. Veränderung kann außerdem beängstigend und verunsichernd sein.

Oft wünschen wir uns auch von unseren Bezugspersonen, dass sie so bleiben, wie wir es gewohnt sind: Wegen dieser Eigenschaften habe ich mich in dich verliebt! Mit diesem Körper hast du mich angezogen! Damals, als du gesund warst, waren wir zusammen so aktiv! Als du diesen Status innehattest, fand ich dich so toll!

Es ist vollkommen in Ordnung, dass es uns berührt, durcheinander bringt, verunsichert, schüttelt, wenn wir miterleben, wie ein geliebter Mensch älter wird, gebrechlicher wird, krank wird, Dinge verarbeitet, seinen Status verliert, sich mehr um sich kümmern muss,….. natürlich macht das was mit uns.

Wir sind nicht vorbereitet auf das, was uns das Leben manchmal vor die Füße wirft, das ist nachvollziehbar.

Manchmal sind unsere Gedanken auch egozentrisch:

ICH will und muss mich neu erfinden, entwickeln, vorankommen, ist ja wohl legitim!

Aber DU sollst das bitte NICHT, ich will, dass du so bleibst wie damals, als ich mich in dich verliebt habe, denn das gibt mir Sicherheit und etwas, worauf ich mich verlassen kann, und ich habe gar keine Lust, mich mit neuen Facetten an dir auseinander zu setzen, möglicherweise zuzusehen, dass du selbstständiger wirst (wenn z.B. die Partner in ihrer Beziehung symbiotisch verschmolzen sind).

Veränderungen können verunsichern. Und dieser Verunsicherung kann zu Konflikten führen, vor allem, wenn die Partner dazu neigen, die Veränderungen des Partners auf sich zu beziehen.

Was hilft, ist, die große und unumstößliche Wahrheit wirklich ganz in sich aufzunehmen, dass wir Veränderungen sowieso nicht aufhalten können. Das ist leichter gesagt als getan! Wer verabschiedet sich schon gerne von Jugendlichkeit und Attraktivität, Gesundheit, der Libido, von gewohnten Abläufen?

Was hilft:

Gelassenheit.

Humor.

Akzeptanz. Das alles anders bleibt, ständig sind wir und ist die Welt um uns im Wandel.

HINGABE.

Neugier, auf eine neue Dynamik, die entstehen kann, neue Chancen, die sich daraus ergeben.

Offenheit.

Begehren verlangt Stärke

“ICH WILL EIN EIS!”

Das Kind darf sich zwei Kugeln aussuchen: es will Schokolade und Himbeere, genießt und strahlt.

Zwei Tage später zieht es Papa wieder zur Eisdiele, sein Wunsch, nochmal die süße Leckerei zu genießen, ist groß. Papa hat heute aber gute Gründe, dass es kein Eis gibt. Tränen? Geschrei? Drama?

Auf jeden Fall eine elementare Lernerfahrung und die wichtige Auseinandersetzung mit einem universellen Gesetz:

WIR KRIEGEN NICHT ALLES, WAS WIR WOLLEN.

Oh no, heute gibt es kein Eis! Was jetzt?

  • Das Kind brüllt so lange seine Umsorgenden mürbe, bis dem Wunsch doch noch nachgegeben wird. Learning: Ich muss nur genug Druck aufbauen um zu bekommen, was ich will (auch wenn das für den anderen nicht passt)
  • Das Kind findet sich mit der aktuellen Gegebenheit ab und fragt bei nächster Gelegenheit wieder. Learning: Es ist legitim, Wünsche zu haben und wenn es für alle passt, werden diese erfüllt.
  • Das Kind ist frustriert und behält seine Wünsche zukünftig für sich. Learning: Ich wünsche mir lieber nichts, meine Wünsche sind unwichtig.

Ratschläge für eine gute und erfüllte Beziehung legen den Fokus oft auf die Kommunikation: Wir müssten nur miteinander reden, dann Verständnis füreinander entwickeln und dann würden unsere Wünsche erfüllt und die Probleme weggezaubert.

Doch: Ein Paar besteht nicht aus zwei Hälften, die sich zu einem Ganzen gefunden haben, sondern aus zwei Individuen mit ihren ganz eigenen Wünschen, Bedürfnissen, aktuellem Fokus, Zuständen.

“ICH WILL EIS……Äääh…..SEX!”

Wer also denkt, er*sie müsste nur lange genug mit dem*der Partner*in sprechen, Verständnis erzeugen und würde dann seine*ihre Bedürfnisse erfüllt bekommen, wird möglicherweise enttäuscht werden.

Denn: Das Gegenüber will heute kein Himbeer-oder Schokoeis. Vielleicht will er*sie heute gar kein Eis. Vielleicht ist bei ihm*ihr heute eher Schnitzel oder Salat angezeigt. Und vielleicht ist Eis auch für die nächsten Wochen oder Monate keine Option.

Was hat aber der Wunsch nach einem Eis mit Begehren und was hat das mit innerer Stärke zu tun?

Im besten Fall haben wir gelernt, dass es gute Gründe gibt, warum unsere Wünsche immer mal wieder nicht erfüllt werden (können).

Was erstmal frustriert, kann auf Dauer zu innerer Stärke führen: Dass ich heute kein Eis bekomme, akzeptiere ich, gleichzeitig ist es wahrscheinlich, dass meine Wünsche zu einem anderen Zeitpunkt erfüllt werden.

Wenn ich in mir stabil bin, kann ich ohne Risiko begehren:

Ich zeige meinem Gegenüber, dass ich ihn*sie will und gestehe ihm*ihr gleichzeitig zu, dass er*sie mir nicht geben kann/will, was ich gerade will.

Mit einer Absage kann ich umgehen, denn davon hängt mein Selbstwert nicht ab.

Wichtig:

Es geht nicht darum, monate-oder jahrelang bestimmte Zustände schweigend zu erdulden! Achtsame Kommunikation über die eigenen Bedürfnisse ist der nächste Schritt.

NICHT BEGEHREN WOLLEN

Wenn Begehren ausbleibt, ist manchmal diese Strategie dafür verantwortlich:

Lieber will ich gar nicht wollen, weil ich mit dem Schmerz nicht umgehen kann, nicht zu bekommen, was ich will.

Begehren scheint unberechenbar und manche Menschen fühlen sich nur sicher, wenn sie ihr Gegenüber im gleichen Ausmaß begehren, wie das Gegenüber ihn*sie begehrt.

„Ich kann nackt durchs Haus laufen, er schaut mich nicht einmal mehr an!“ Frustriert schildert sie mir, wie sie das nicht-begehrt werden ihres Mannes erlebt. Ihre Annäherungsversuche werden von ihm ignoriert. Sie überlegt, sich auf Tinder anzumelden, um mal wieder „dieses Feuer, das gewollt werden, zu spüren“.
Gerade in langjährigen Partnerschaften kommt es häufig vor, dass einer oder beide Partner*innen kein Begehren mehr zeigen. Meist entsteht nach zunehmender Verärgerung eine tiefe Kluft.
Sexualität ist ein Spannungsfeld, das uns oft an unsere Grenzen bringt, vor allem, wenn wir es als ein Feld der fremdbestätigten Selbstwahrnehmung begreifen. Wenn wir persönlich nehmen, dass das Gegenüber scheinbar gerade kein Interesse an Intimität hat. Wenn wir es als Bewertung der eigenen Person auffassen: “Scheinbar bin ich nicht mehr attraktiv, jugendlich, aufregend genug? Dein ausbleibendes Begehren verunsichert mich, wirft mich aus der Bahn!“
Quick Fix? Affäre oder Beendigung der Partnerschaft. Für kurze Zeit scheint mit dem*der Neuen alles herrlich: Da sagt mir endlich wieder mal jemand, wie heiß, begehrenswert ich bin, mein Marktwert ist stabil! Bis sich erneut das fluktuierende Begehren einstellt und wir wieder ins Zweifeln kommen: Bin ich wirklich noch anziehend?
Wie wäre es, wenn wir einen Schritt weiter gehen in der Selbstentwicklung:
Statt das ausbleibende Begehren des anderen als eine Aussage über uns aufzufassen, in der inneren Stabilität, der eigenen Ruhe bleiben. Beim anderen (nach einem gewissen Zeitraum) behutsam nachfragen, was gerade anliegen könnte, welche Gründe es geben könnte für das Ausbleiben des Begehrens.
Statt zu flüchten: bleiben. Das eigene Begehren kommunizieren (dabei bei den eigenen Gefühlen bleiben, alles was eine Aufforderung enthält, kann Druck aufbauen, was sehr kontraproduktiv sein kann) – und damit in der Nähe bleiben. Genauso wie ich Nähe herstellen kann, wenn ich meine Traurigkeit, meine Zweifel, meine Wut und meine Ängste kommuniziere, darf ich auch mein Begehren kommunizieren.
Statt die Kluft größer werden zu lassen, zu zweit gucken, wie groß der Spielraum ist, und vielleicht der Kreativität freien Lauf lassen.

Eifersucht

Der Cocktail aus Gefühlen, der da wie eine große Welle über dich schwappt, ist echt gemein und tut weh. Er besteht aus Verlustangst, Angst, Wut, Panik, Trauer, Selbstzweifel, Minderwertigkeits-komplexen, dem Gefühl, im direkten Vergleich mit jemand anderen “zu verlieren”, Verunsicherung, Liebe, Zweifel, Aggression.

Grade war die Welt noch in Ordnung, dann passiert etwas oder deine Gedanken galoppieren von selbst los und schon bist du mitten drin in der Eifersucht.

EIFERSUCHT – GEFÜHLE & GEDANKEN

“Ich brauche dich so sehr!”

“Bitte bitte liebe mich”

“Verlass mich nicht!”

“Mit wem hat sie gesprochen?”

“Worüber lachen die beiden miteinander?”

“Sie hat ein neues Parfum gekauft, versucht sie, jemand zu beeindrucken?”

“Er sieht besser aus als ich”

“Ich bin allein ohne ihn”

“Ich möchte sie ganz für mich haben”

“Ich mag es, sie eifersüchtig zu machen, dann bemüht sie sich um mich”

EIFERSUCHT IST NORMAL

Eifersucht ist zunächst mal ein Gefühl aus unserem riesigen Spektrum an Emotionen. Scheinbar ist das auch keine neue Erfindung, denn wir kennen es sowohl entwicklungsgeschichtlich als Menschheit, als auch individuell schon lange: Bereits als Kind machen wir meist erste Erfahrungen mit diesem unangenehmen Gefühl, das entsteht, wenn wir den (tatsächlichen oder fantasierten) Verlust eines vertrauten und geliebten Menschen fürchten. Sogar Tiere empfinden scheinbar Eifersucht.

Eifersucht muss nicht per se pathologisch sein und deutet auch nicht immer auf einen geringen Selbstwert hin.

Drei Formen werden unterschieden:

1. Reaktive Eifersucht

>> entsteht durch einen realen Anlass

2. Misstrauisch-ängstliche Eifersucht

>> Ängste und Minderwertigkeitsgefühle lassen die Eifersucht entstehen

3. Besitzergreifende Eifersucht

>> Derjenige, der das Gefühl empfindet, schränkt den Partner ein, kontrolliert ihn, wendet eventuell sogar Gewalt an

EIFERSUCHT = LIEBE?

Eifersucht in einer Beziehung ist noch kein Indikator für Liebe, sondern hat meist etwas mit der Biografie des Fühlenden zu tun.

Oft hat der Mensch (in seiner Kindheit) unsichere Bindungserfahrungen, Liebesentzug, Verlustangst erlebt oder hat aus verschiedenen Gründen ein gering ausgeprägtes Selbstwertgefühl entwickelt. Wurde in der Kindheit die Eifersucht des Kindes abgewertet, kann sich das in ihm wie ein Makel festgesetzt haben.

EIFERSUCHT UND TRADITIONEN

Soziale und wirtschaftliche Abhängigkeit vom Partner könnten Eifersucht in Beziehungen verstärkt haben: wenn z.B. ein Partner zugunsten der Kinder-erziehung seine Karriere hintangestellt hat, dadurch in die wirtschaftliche Abhängigkeit geriet und das alles in einer Gesellschaft, in der Trennungen Ächtung und wirtschaftlichen Ruin nach sich gezogen haben, kann Eifersucht (und die Verlustangst gegenüber dem Partner) plötzlich ein zentrales und teils nachvollziehbares Gefühl geworden sein.

DIGITALE EIFERSUCHT

Der Umgang mit sozialen Medien und die Allgegenwart von Handys können auch Konflikte hervorrufen. Entweder, weil viel Zeit am Handy/PC verbracht wird und diese Zeit nicht gemeinsam genutzt wird oder weil die Aufmerksamkeit nicht ungeteilt beim Partner sein kann. Verwirrung entsteht auch bei der Kommunikation und der Verwendung von Emojis mit anderen sowie bei der eigenen Darstellung in den sozialen Netzwerken. Ist es möglich, den Partner am eigenen digitalen Parallelleben teilhaben zu lassen?

EIFERSUCHT – WAS TUN?

Hilfe zur Selbsthilfe, wenn du immer wieder unter Eifersucht leidest:
1. Nervensystem beruhigen
2. Realitätscheck: Gab es einen realen Anlass ➡️ Ansprechen beim Partner? Oder sind meine Gefühle getriggert ➡️ Selbstreflexion, Gefühle sortieren, woher kenne ich den Schmerz (wie alt war ich, als er zum ersten Mal auftrat)?
3. Selbstwert stärken und die Eigenständigkeit ausbauen
4. Vergleiche zu anderen einstellen (Vergleichen macht meistens unglücklich)
5. Professionelle Hilfe zur Emotionsverarbeitung beanspruchen
6. Fähigkeit stärken, den konstruktiven Umgang mit belastenden Emotionen zu lernen
7. Mit dem Partner in Kommunikation treten, Nähe herstellen, indem du dich öffnest und aus deiner Perspektive (in der ICH-Form) ohne Schuldzuweisung über deine Gefühle erzählst. Eifersucht muss nicht zum Konflikt führen, wenn die Verlustängste überwunden werden können.

Du bist in einer Partnerschaft und dein*e Partner*in wird immer mal wieder von eifersüchtigen Gefühlen überrollt? Strebt miteinander eine wertschätzende Kommunikation an. Schuldzuweisung in jegliche Richtung bringen gar nichts, sondern vergrößern die Kluft zwischen euch. Resultieren die schmerzhaften Gefühle aus schmerzhaften Erfahrungen, ist es wenig sinnvoll, wenn du den Fühlenden zusätzlich abwertet und klein machst, dich vielleicht sogar über ihn*sie stellst („du immer mit deiner Eifersucht/du bist ja eh immer eifersüchtig etc“). Sprecht miteinander über die belastenden Gefühle und was helfen kann, dass die Gefühle nicht entstehen oder was es braucht, sie zu verstehen und zu verarbeiten. Unterstützt euch gegenseitig darin, professionelle Hilfe zu beanspruchen, wenn die Gefühle aus eigener Kraft nicht bewältigt werden können.

Umgang mit pathologischer Eifersucht:
Reagiert dein*e Partner*in kontrollierend, wütend oder gewalttätig auf dich und schafft es nicht, bei seinen*ihren Emotionen zu bleiben, dann hol dir Hilfe!
Wende dich bei emotionaler oder physischer Gewalt beispielsweise an:
Polizeiruf 110
Telefonseelsorge Deutschland: 0800 / 111 0 111 oder 0800 111 0 222
www.frauen-gegen-gewalt.de/hilfe-beratung.html
www. maennerberatungsnetz.de
https://www.frauen-gegen-gewalt.de

Bin ich liebenswert?

Wir wünschen uns nichts so sehr, wie als der Mensch angenommen und geliebt zu sein, der wir sind. Das ist aber nur möglich, wenn wir uns mit allen Facetten zeigen.

Viele Konflikte in der Partnerschaft entstehen, weil einer oder beide Partner auf die Bestätigung durch andere (zum Beispiel den Partner) angewiesen sind.

Es lohnt sich für die eigene Entwicklung und für die Verbesserung der Partnerschaft, die Notwendigkeit nach Fremdbestätigung zu hinterfragen und nach und nach abzulegen.

EHRLICHKEIT

Wenn ich mir unsicher über meinen Wert bin, bin ich mir auch unsicher darüber, welchen Wert meine Bedürfnisse, Wünsche, Träume und Fantasien sowie meine Gefühle haben.

Aus dieser Angst wird oft ein Versteckspiel:

“Aus Angst, dich zu verlieren, verstecke ich meine intimsten Gedanken und Gefühle vor dir. Lieber biege ich meine Wahrheit in alle möglichen Richtungen.”

EIFERSUCHT

Wer sich unsicher über seinen Wert ist, lebt in Angst, der*die Partner*in könnte jemand passenderen finden oder bei der nächsten Gelegenheit davon laufen und sieht auch noch ständig Beweise für diese Ängste.

“Er hat die Nachbarin angelächelt, ich habe Angst, dass er mich verlässt. Sie ist viel hübscher als ich”

ECHTE NÄHE UND INTIMITÄT

Menschen, die unsicher über ihren Wert sind, hüten sich davor, sich anderen Menschen in all ihren Facetten zu zeigen. Das führt dazu, dass in einer Beziehung immer unausgesprochene Themen bestehen und sich die beiden Partner nie ganz kennenlernen. Der Vorwurf “du verstehst mich einfach nicht” ist dann eine richtige Feststellung und der Partner müsste darauf antworten: ”Zeig dich mir, so dass ich eine Chance habe, dich zu verstehen”. Sich nicht zeigen und öffnen hat zur Konsequenz, sich nie ganz gesehen zu fühlen.

SEXUALITÄT

Wer auf Fremdbestätigung angewiesen ist, geht sexuell wahrscheinlicher über die eigenen Grenzen und macht dem*der anderen zuliebe Dinge, die sich vielleicht nicht gut anfühlen.

Außerdem wird Sex dann oft dazu benutzt, sich den eigenen Wert bestätigen zu lassen (“War es gut für dich?”). Merkt der eine, dass der Partner die Bestätigung braucht, wird er eher Erregung und/oder Orgasmen vortäuschen.

EMOTIONALE ABHÄNGIGKEIT

Braucht man Fremdbestätigung, wird man sich in einer Beziehung niemals frei fühlen, zu sagen/tun/lassen, was man fühlt und denkt. Der Drang nach Anerkennung von Außen kann auch zum Perfektionismus in der Partnerschaft führen und zum Zustand des “ich mache dir alles Recht”. Dies kann zu einem riesigen Druckgefühl werden, aus dem dann ausgebrochen werden “muss”. Grenzen werden weniger gesetzt und toxische Verbindungen können entstehen, wenn der Partner das ausnutzt.

MUT UND INDIVIDUALITÄT

Auf der Suche nach Fremdbestätigung verlieren Menschen ihren Mut und das Einstehen für die eigenen Werte. Ständig lauern überall gefühlte Gefahren und der Partner wird zum absoluten Mittelpunkt des Universums und manchmal gleichzeitig zum schlimmsten Feind.

Die eigene Individualität einzubüßen ist ein schwerer Verlust und führt am Ende dazu, dass man sich leichter in der Beziehung verliert und auf den Partner auch weniger attraktiv wirkt.

Sich des eigenen Wertes bewusst zu werden und sich mit allen Facetten zu akzeptieren ist ein manchmal beschwerlicher, aber für alle Beziehungen lohnenswerter Weg.

Menschen, die mit sich selbst im Einklang sind, treffen die richtigen Entscheidungen, setzen gesunde Grenzen, können echte Nähe zulassen, bewahren Stabilität auch in Krisensituationen, fühlen sich freier und unabhängiger und können sich ehrlich der Welt mitteilen und fühlen sich dadurch gesehen.

Sich in einer Beziehung verlieren

Am Anfang wirkt alles wie das perfekte Match: Ich und du, wir beide, in unserer Bubble. Ein Blick in deine wunderschönen Augen sagt mir zweifelsfrei: Du bist perfekt, wir passen perfekt zusammen, wir sind einfach ein Traumpaar.

Nach und nach merkt einer von uns, dass es Themen gibt, die Konfliktpotenzial haben. Und dann passiert es: Einer von uns, vielleicht ich, mag keine Konflikte. Harmonie und Liebhaben ist das Beste auf der Welt, oder?

Deswegen beginne ich, die schwierigen Themen zu umschiffen. Ich werde zum geschickten Kapitän auf einem sehr unruhigen Meer, aber ich bin ja nicht doof und lerne zunehmend, was unser Harmonie-Schiffchen ins Wanken bringen könnte. Um diese Klippen steuere ich gekonnt herum, ich verschweige, dass ich da vorne an der Landzunge lieber links statt rechts abgebogen wäre, ich rede auch nicht darüber, dass wir unser Schiff mal reparieren lassen sollten und dass wir dringend neuen Proviant bräuchten.

Ich finde die Fahrt anstrengend, aber ich liebe die Harmonie zwischen uns und bin stolz darauf, dass wir uns so wenig streiten. Ich bin auch stolz darauf, dass ich so großzügig und nachgiebig bin und dass ich dir immer gebe, was du brauchst.

Was mir erst nach Jahren (oder vielleicht erst nach der Trennung) auffällt:

Ich bin in unserer Beziehung verschwunden.

Ich bin unsichtbar geworden, ich bin von einem Menschen, der mal eine eigene Meinung hatte, zum people-pleaser für dich geworden.

Unsere Harmonie, und mehr noch, deine Zuneigung und die Angst davor, dass du mich und meine eigene, möglicherweise abweichende Meinung ablehnen könntest, sind so wichtig für mich geworden, dass ich dieser Angst gefolgt bin und mich als eigenständige Person mit eigener Meinung, eigenen Wünschen, eigenen Träumen und eigenen Bedürfnissen aufgelöst habe.

Wenn ich das nicht erkenne und diese Themen nicht angehe, sind zwei Szenarien wahrscheinlich:

Du trennst dich, weil du das Interesse an mir verlierst, du weißt gar nicht (mehr), wer ich bin.

Ich trenne mich, weil ich dich als dominant und einschränkend empfinde und mir nicht länger von dir sagen lasse, was Sache ist.

WICHTIG:

Es ist nicht in jeder Konstellation möglich, dass beide Partner sich entfalten und ihre Eigenständigkeit bewahren können!

In Beziehungen, in denen physische oder psychische Gewalt ausgeübt oder ein*e Partner*in sonstwie massiv und aktiv unter Druck gesetzt wird oder ein* Partner*in Narzisst*in ist, ist meist nur die Trennung ein gesunder Schritt für beide. Auch in Beziehungen, in denen Abhängigkeiten voneinander bestehen und diese Abhängigkeiten von einer Seite ausgenutzt werden, können sich nicht beide frei entfalten. Solche Beziehungen sind entweder toxisch oder haben starke toxische Anteile.

Ich spreche hier über Beziehungen, die frei von diesen Aspekten sind.

In gesunden Beziehungen passiert es immer wieder, dass sich ein*e Partner*in verliert und dies möglicherweise erst nach Jahren feststellt.

Meist liegt die Ursache im Sebstwertgefühl und den Ängsten der Person begründet.

Es gehört immer wieder Mut dazu, zu seiner eigenen Meinung zu stehen, vielleicht sogar richtig ausdauernd, und wir können uns nicht in allen Aspekten anpassen, ohne uns zu verlieren. Manchmal gilt in einer Beziehung: “Wir einigen uns darauf, uns nicht einig zu werden.” Das muss noch nicht das Ende der Beziehung bedeuten, wenn beide reif genug sind. Denn wer schon eine Zeitlang Mensch ist, hat gesehen: Wir Menschen sind alle ziemlich einzigartig. Und das macht auch den Reiz aus! Es kann inspirierend sein, vom anderen zu lernen, andere Sichtweisen zu verstehen, andere Arten zu Denken zu erleben.

Viele Menschen verschweigen ihre Meinung, Bedürfnisse, Wünsche aber auch aus Angst, den*die andere*n zu verlieren, besonders auch im sexuellen Bereich.

Oder aus Angst, dass ihre Wünsche nicht erfüllt werden: Dieser Enttäuschung lieber aus dem Weg gehen! “Lieber behalte ich meine Wünsche für mich, dann weiß ich wenigstens sicher, dass sie nicht erfüllt werden.”

Die abweichende Meinung eines nahestehenden Menschen auszuhalten, erfordert Stärke. Die eigene Meinung zu vertreten, erfordert Mut. Wie viele Familiensysteme und Paare tanzen jahrelang einen Eiertanz, aus Angst, den anderen verletzen oder triggern zu können.

Die Lösung liegt in der Erkenntnis:

AUCH IN EINER BEZIEHUNG SIND UND BLEIBEN WIR EIGENSTÄNDIGE UND FREIE WESEN.

Mich daran erinnern, dass ich ein Recht auf meine eigene Meinung habe.

Mich daran erinnern, dass du ein Recht auf deine eigene Meinung hast.

Mich daran erinnern, dass meine Wünsche, Bedürfnisse und Träume legitim sind und ich sie haben darf und gleichzeitig, dass die Möglichkeit besteht, dass nicht alles davon erfüllt werden wird.

Mich daran erinnern, dass du eigene Wünsche, Bedürfnisse und Träume hast, die legitim sind und dass ich nicht alle davon erfüllen muss.

Mich daran erinnern, dass es meine Aufgabe ist, mich um mein Wohlbefinden zu kümmern, und dass es deine Aufgabe ist, dich um dein Wohlbefinden zu kümmern.

Es ist wichtig, herauszufinden, ob du generell die

Bedürfnisse von anderen Menschen über deine eigenen stellst.

Meist passiert das in der Hoffnung, im Austausch Zuneigung zu bekommen oder um Konflikten zu entgehen. Oft liegen auch Angst vor Zurückweisung, Schuld- und Schamgefühle (“Ich bin nicht richtig, wie ich bin” – “Ich habe Angst, etwas falsch zu machen”) zugrunde.

Genauso ist es wichtig, dass du lernst, die Meinung von anderen zu akzeptieren und nicht als persönlichen Angriff zu werten, wenn sie von deiner Meinung abweicht. Besonders auch im sexuellen Kontext: Dein*e Partner*in hat eine bisher unbekannte Fantasie mit dir geteilt? Du kannst das erstmal sacken lassen und darfst in Ruhe darüber nachdenken, ob und unter welchen Bedingungen du dir vorstellen kannst, etwas Neues auszuprobieren.

In allen Beziehungen treffen Individuen mit eigener Biografie und einzigartigen Wesenszügen aufeinander.

Wir sollten lernen, unsere Einzigartigkeit zu feiern, denn gleichzeitig bringt dies Fülle und Vielfalt und unendliche Farben in die Welt!

LASST UNS WACHSEN: BESONDERS IM ZUSAMMENSEIN MIT GANZ GANZ NAHEN MENSCHEN DINGE NICHT PERSÖNLICH ZU NEHMEN.

Ich weiß, heftige Challenge. Aber es lohnt sich: Am Ende ärgern wir uns alle weniger übereinander und können echte Harmonie erleben und zeigen uns alle authentisch, statt der Angst zu folgen und unsere Facetten zu verstecken.

Ich freue mich über deine Meinung zu diesem Thema!

Herzlichst, Nora

Wer bin ich?

Wer bist du? Diese Frage wurde mir vor einigen Jahren gestellt. Ein Leben in wenige Worte zu fassen ist schwer, deswegen haben auch meine Zeilen hier keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit….

Ich bin Naturkind, Waldmädchen. Aufgewachsen mitten im Wald, abends der leise Wind in den Tannenwipfeln im Sommer, die lautlos fallenden Schneeflocken vor dem schwarzen Himmel im Winter, die Stürme dazwischen. Die taubenetzten Grashalme unter den nackten Füßen, das Zirpen der Grillen, das Heulen des Käuzchens. Meine Kindheit hat meine Verbindung, meine Liebe, meine Bewunderung zur Natur geprägt. Die Stille hat mich zur Zuhörerin gemacht. Das Umherstreifen im Wald hat mich zur genauen Beobachterin werden lassen. Das Leben im Wechsel der Jahreszeiten und inmitten der Launen der Natur hat mich Demut gelehrt und der Gewissheit nähergebracht, dass die Natur immer für uns da ist.

Ich bin Tochter. Aufgewachsen in einer heilen Welt, einer intakten Familie. Tochter zweier Kriminalpolizisten, geprägt durch verschlüsselte Andeutungen meiner Eltern untereinander, die mir das Gefühl gaben, dass es Schatten, Böses und Traumatisches im Paradies gibt.

Ich bin Enkelin. Enkelin des Krieges. Mein Opa hat sein Bein verloren, das war für uns immer sichtbar. Meine Oma hat viel verloren, das war unsichtbar. Wie viele meiner Generation konnte ich nicht wirklich erfahren, was meine Großeltern erlebt haben – ich habe nur Andeutungen, nebulöse Vorstellungen, unklares erfahren. Der Krieg war in meinen Großeltern und ihrem Leben immer präsent.

Ich bin Mutter. Nach der Kindheit im Wald und dem heiß ersehnten Umzug in die Kleinstadt – für mich hinein ins pralle Leben – als gerade Volljährige mein Kind bekommen. Diese lebensverändernde Erfahrung hat mich und mein Leben bewegt. Ich habe verstanden, dass es mehr gibt als mein eigenes Leben, dass es vieles gibt, dass ich weitergeben möchte, und einiges, das ich abstreifen und auf keinen Fall weitergeben will.

Ich bin Frau. Feministin, Gerechtigkeitsvertreterin. Frauenthemen faszinieren und bewegen mich. Männerthemen auch. Menschenthemen! Woher kommen wir, wohin gehen wir? Wer sind wir? Warum sind wir manchmal scheinbar unterschiedlich und vielleicht doch gleich? Warum bekämpfen wir uns und wie gelingt Frieden? Wie können wir mit unserer Erde, unserer Heimat, diesem einzigartigen wunderschönen Planeten, liebevoll umgehen? Wie schaffen wir es, liebevoll mit uns selbst umzugehen? Was bleibt von uns, wenn wir eines Tages nicht mehr da sind?

Ich bin Freundin. Verbindung ist für mich essenziell. Verbindlichkeit, Loyalität. Herzenswärme. Empathie. Berührung. Lachen. Mitteilen. Teilen. Da sein. Füreinander. Ich mag Menschen, die das Wesentliche vom Unwesentlichen unterscheiden können. Die sich trauen. Die sich mitteilen. Die warm sind und Wärme zu geben haben. Die über sich lachen können. Die echt sind. Meine Werte teilen, sich entwickeln wollen. Kritisch sind, hinterfragen. Eine eigene Meinung haben. Stark und zerbrechlich. Weites Herz & Mut & Lachen. Ich bin eine Liebende.

Ich bin Suchende. Immer auf der Suche nach dem tieferen Sinn, neugierig, erstaunt, wenn ich wieder ein Puzzlestück entdecke. Ich lerne dauernd, ich lese viel. Ich mache mir Gedanken, ich spreche mit Menschen, ich stelle Fragen. Ich lasse mich inspirieren. Ich lerne nie aus. Und deswegen faszinieren mich auch so viele Themen gleichermaßen, dass ich mich nicht auf ein Thema festlegen will. Meine Leidenschaft, mein Interesse gilt dem Körper und der Natur, Beziehungen aller Art, Konflikten und Traumata, insbesondere der Beziehung von Paaren und der Sexualität in all ihren Facetten. Darüber hinaus alles, was irgendwie mit dem Menschsein zusammenhängt.

Ich bin Ich. Ich liebe es zu tanzen. Ich liebe Schokolade. Ich liebe schlaue Menschen und gute Gedanken. Ich liebe die Natur, die Berge & die Seen. Ich liebe Blumen, Bäume und Tiere. Ich liebe es in der Sonne zu liegen und im Sturm fest zu stehen. Ich liebe es zu spielen und zu lachen. Ich liebe gutes/veganes Essen. Ich liebe es, mich in der Gesellschaft von liebevollen Menschen aufgehoben und gehalten zu fühlen.

Nora – April 2024